Weniger ist mehr.
Diese Weisheit galt schon, als ich noch recht wenig mit dem Web zu tun hatte. Meistens traf sie ganz gut auf misslungene Klassenarbeiten, Styling oder Ordnungstheorien zu.
Später begegnete sie mir dann im Webdesign. Von Anfang an gefielen mir Websites besser, die einen weißen Hintergrund mit schwarzem Fließtext vereinten. Genauso wie ich helle, klare Desktop-Wallpaper am Tag und zum Arbeiten bevorzuge, weil mich zuviele Details einfach vom Code schreiben ablenken, arbeite ich abends gerne mit gedämpftem Licht (nicht zu dunkel!) sowie einem abendlichen Wallpaper. Meistens aber lasse ich das abgedunkelte Wallpaper rund um die Uhr drauf.
Man entwickelt ja im Bereich Design seine persönlichen Favoriten, je länger man sich mit verschiedenen Stilen beschäftigt. Mir gefiel dabei immer schon das reduzierte. Das fällt mir nicht nur immer wieder bei Museumsbesuchen auf (mit Kandinsky’s wilden Gemälden konnte ich nicht viel verbinden, aber die Holzschnitte haben es mir angetan), sondern auch, wenn ich shoppen gehe und mich für ein Outfit entscheiden muss, wenn ich durch den Ikea laufe und immer wieder das klare Möbeldesign dem detailverliebten vorziehe, und selbst nach unzähligen Umräumaktionen in meiner beschaulichen Behausung gefallen mir die leeren weißen Flächen – ab und an ein einzelnes Poster – immer noch am besten. Manchmal starre ich gedankenversunken auf genau diese Ecken (zum Beispiel beim Prokrastinieren) und werde dadurch sonderbar beruhigt und inspiriert.
Was ich damit nicht meine ist hygienisches Design. Dieses ist so sehr reduziert, dass es keine Deko-Objekte mehr gibt, und wenn, dann nur sehr abstrakte. Wo keine Dekoration, da auch keine Persönlichkeit, meine Meinung. Man muss sich ja nicht gleich mit Schneekugeln, einem Blumenurwald oder einem Flokati umgeben. Aber eine Blume, geschickt positioniert, eine Reispapierlampe, einige aussagekräftige Postkarten – so etwas geht gut. Ort der absoluten Reizüberflutung ist nach wie vor mein Expedit-Bücherregal. Ich sah nicht ein, zugunsten der Harmonie das Regal nur halb zu füllen. Jetzt ist es lückenlos von Büchern beschlagnahmt.
Mein eigentliches Anliegen in diesem Blogpost war allerdings die Ernährung. Ich muss seit Kurzem finanziell kürzer treten. Nach der ersten Verstimmung ob der Einbußen im Alltag folgte allerdings gleich die Begeisterung: Neuerdings kaufe ich bewusster ein, nehme Preise und Gewichtsverhältnisse bewusster wahr, suche gezielter aus. Ich stelle mir meine Gerichte schon vorher zu Hause zusammen und kaufe auch nur die zugehörigen Zutaten ein. Neuerdings esse ich kaum noch Junkfood sondern schmiere mir Brote, leide nicht mehr, wenn keine Schokolade im Haus ist und habe meine Getränke auf Wasser und Säfte reduziert.
Auch wenn mir bewusst ist, dass diese Phase nur vorübergehend ist, so bin ich doch echt beeindruckt, wie krass sich mein Einkaufsverhalten verändert hat. Wenn man Abstriche machen muss, fällt einem erst auf, wie sehr man sich von äußerem Druck (z.B. Werbung, oder andere zu beobachten) leiten lässt. Am treffendsten war der Satz meiner Arbeitskollegin, die mich schmunzelnd darauf hinwies, dass ich beim Essen spare und Essen gehen für Luxus halte, mir aber trotzdem bald ein iPhone gönnen will, um auch endlich unterwegs online zu sein.
Ja, das ist ein Schlag ins Gesicht! Plötzlich rückt nur das in den Fokus, was wirklich wichtig ist: Essen, Schlafen, Arbeiten, einigermaßen ordentlich angezogen zu sein, banale Kontaktmöglichkeiten. Recycling. All die Gadgets, die man auf seiner Wunschliste stehen hat werden plötzlich im Kontext der Notwendigkeit relativiert. Brauche ich wirklich ein Grafiktablett? Muss ich mir unbedingt jetzt neue Shirts bestellen? Es ist interessant, was man zu brauchen glaubt, und was man am Ende tatsächlich braucht. Und wie groß die Vorfreude dann ist, wenn man weiß, dass man sich nur eines dieser Gadgets nach überstandener Sparperiode leisten können wird? Riesig!
In dem Zusammenhang habe ich mir auch meine persönlichen Reduzierungs-Rezepte in Sachen (Web)Design aus den Artikeln von Presentation Zen (dieser und dieser hier) zusammengefasst und an die Wand gehangen:
Die Tips sind allesamt dem Zen entnommen, klingen weise und helfen wirklich. Die Artikel bei Presentation Zen sind eigentlich auf Präsentationen ausgerichtet, passen aber natürlich auch als Designgrundsätze. Wie andere Kulturen mit Freiraum umgehen ist manchmal ganz lehrreich. Am besten gefällt mir der Satz “Let all elements breathe.”
Und: “It’s hard not to give in to the habit of adding more when less would do.” – wie wahr, wie wahr.
Und jetzt hab ich Hunger 😉 Am Redesign arbeiten und dabei alles atmen zu lassen macht ganz schön hungrig.