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“Mit Geld hat das nichts zu tun.” – gespaltenes Resümee der Asta- Podiumsdiskussion zur Einführung des Bachelor/Master an der CAU KielJune 12th, 2007

Heiß ging es heute her im großen Vorlesungssaal des Audimax der CAU Kiel, und das nicht nur wegen fehlender Klimatisierung der Räumlichkeiten. Zu der kurzfristig vom Asta einberufenen Podiumsdiskussion fanden sich Prof. Dr. Thomas Bauer, der Rektor der CAU Kiel, einer seiner Prorektoren sowie der Wirtschaftsminister des Landtags Schleswig-Holsteins (deren Namen ich nochmal erfragen muss), ein. Ihnen gegenüber ein Großteil der wie auf dem Asta-Plakat angeprangerten 21.560 Studenten der CAU, die sich von dieser Diskussion Antworten auf die zahlreichen Fragen erhofften, die aufgekommen sind, seit die Umstellung auf Bachelor/Master im Herbst letzten Jahres beschlossen wurde.

Zu Beginn der Veranstaltung gab der Asta in einer Power-Point-Präsentation einen Überblick über die bisher von Politik und Ausschüssen diskutierten Punkte und eine Gegenüberstellung der Nachteile dieser für Studenten. Infrage gestellt wurde hier vor allem die fehlerbehaftete Umsetzung des Konzeptes an deutschen Universitäten insgesamt, die vielen Veränderungen in laufenden Studiengängen sowie schwerpunktmäßig die Abschaffung und Verlagerung des Lehrstuhls Realschullehramt nach Flensburg inklusive vier Professuren, das die betroffenen Studenten vor vollendete Tatsachen und damit schwerwiegende Konsequenzen stellt, da sie quasi gezwungen sind in der Kürze der Zeit zu Ende zu studieren bevor der Studiengang ausläuft, und das auch noch unter der Voraussetzung des Bachelors. Erläutert wurden auch die sogenannten “Zielvorgaben” der Politik an die Universitäten, die zB eine bestimmte Erstsemesterquote vorgeben damit die Unis ihre Gelder erhalten, anstatt diese Quote bei Absolventen zu fordern, damit gewährleistet ist dass die Akademikerquote wieder steigt. Zudem fielen belastende Sätze zum Thema “Aussieben” der Studiengänge um die anstehenden Masterbewerbungen niedrig zu halten und damit die Satzungen zu erfüllen – Satzungen, die den Studenten zu einem Körnchen Sand im Getriebe eines großen Uhrwerkes machen, das von Geldern und Statistiken, politischer Willkür sowie den Arbeitslosenzahlen angetrieben wird.

Zu Beginn der Diskussion wurden dann die Studenten gebeten, Fragen zu stellen, die die Anwesenden am Podiumstisch beantworten sollten. Schon bald hatten sich die Themen gesammelt:

– was wird aus den Studenten, die sich nicht für Bachelor/Master entscheiden und ganz normal weiterstudieren? Gibt es für sie eine Garantie, “in Ruhe” zu Ende studieren zu können?

– was passiert mit den Realschullehrämtlern, wenn Professuren und Studiengang nach Flensburg verlagert werden, was passiert mit den Gymnasiallehrämtern, wenn ihnen ebenfalls die verlagerten Professuren fehlen?

– wer gibt uns die Garantie, dass die neuen Abschlüsse im Ausland anerkannt werden?

– kann garantiert werden, dass zusätzliche finanzielle Aufwendungen erbracht werden, um das “Siegel” des Bachelors/Masters, nämlich die verbesserte Qualität des Studiums, zu gewährleisten?

– was passiert mit den Bachelor-Absolventen, in welchen Berufsfeldern sollen sie zukünftig angestellt werden, ohne zB Auszubildenden den Platz wegzunehmen? (vgl. Bachelor Biologie = Qualifikationen eines BTA’s)

– inwiefern hat die Uni, der Asta, Mitbestimmungsrecht in diesen Angelegenheiten?

– was passiert mit solchen Studenten, die am Bachelor gescheitert sind bzw solchen, die gar nicht erst eine Zulassung für den zulassungsbeschränkten Master erhalten haben oder ihn nicht beendet haben – welchen Abschluss/Status besitzen sie und welche Alternativen bleiben?

Die Stimmung war während der gesamten Zeit sehr gereizt und aufgeregt. Teilweise führe ich das auf die nicht besonders gute Leitung der Diskussion zurück, da zuerst mehrere Fragen von herumlaufenden Astamitgliedern mit Mikro gesammelt und erst im Anschluss beantwortet wurden, was dazu führte, dass viele Punkte wieder vergessen/übergangen wurden und sich diese Fragen mehrfach stellten. Zudem war die Akustik im Saal sehr schlecht. Besonders anheizend für die Stimmung waren die Kommentare des Wirtschaftsabgeordneten, der vehement jede Schuld von sich und an die Leitung der Universität wies. Aussagen wie zB “Die Abbrecherquote ist extrem hoch, laut unserer Statistiken wollen wir nur ein qualifizierteres Studium ermöglichen.” oder “Die Ausnutzung der Lehrmittel ist Sache der Universitätsfachbereiche und hat nichts mit Geld zu tun.” (sinngemäß zitiert!) bargen Widersprüche in sich und wurden lautstark vom Publikum kommentiert bzw belächelt. Insgesamt hatte man das Gefühl, die Politik wolle uns hier eine Mogelpackung verkaufen, die viel mit internationalem Ansehen und Geldsummen und weniger mit dem kleinen Studenten, also einem “persönlichen Schicksal” zu tun hat. Wie der Rektor der CAU immer wieder betonte (und damit klar die Seite der Studierenden vertrat) sei in den Ausschüssen auch seitens der Leitung wiederholt auf Probleme hingewiesen worden, die das “große Chaos” ankündigten. Trotzdem sei die Universität letztenendes machtlos gegenüber den Vorgaben der Politiker, es handele sich um einen sehr einseitigen Vertrag der geschlossen worden sei, den die Universitätsleitung versucht so gut es geht zu erfüllen und die Balance zwischen gutem, qualifiziertem Studium, Umstellungen und Anpassungen an das (inter)nationale Niveau und dem nicht üppigen Etar zu halten.

Was während der gesamten Diskussionsrunde klar hervortrat waren die widersprüchlichen Kommentare des Wirtschaftsabgeordneten, die bar jeder Realität waren, sowie die aufgebrachten Studenten, die diese Umstellung besonders betrifft (zB kollidierende Stundenpläne und trotzdem Persönlichkeitsentfaltung und besondere Qualifizierung?). Viele der gestellten Fragen zielten auf das Bildungssystem in Deutschland insgesamt, stellten den Bologna-Prozess bzw die Umsetzung dessen in Frage. Der Wirtschaftsabgeordnete verwies mehrere Male auf die Erfolgsmeldungen aus dem Ausland was die Anerkennung und Aufnahme des Bachelor-/Masterabschlusses angeht, verschwieg dabei aber, dass die Umsetzung in diesen Länden zugunsten der Studenten und vor allem zugunsten des Studiums gefallen ist und der hiesigen Umsetzung keineswegs entspricht. Daher auch das große Unverständnis über die Probleme, die entstehen werden, weil selbst die einzelnen Unis in Deutschland sich gegenseitig keine Scheine u.ä. anerkennen, weil die Studiengänge einfach zu unterschiedlich aufgebaut sind.

Schließlich wurde die Diskussion nach 3 Stunden “abgeschlossen” und auf die weiteren Vorträge der einzelnen Fachschaften hingewiesen. In der halben Stunde Vortrag meiner Fachschaft Biologie erfuhren wir schließlich die Dinge, für die wir eigentlich zur Podiumsdiskussion gekommen waren. Eine Professorin vom IFM Geomar hatte eine Übersicht über die laufenden Veränderungen und Äquivalenzveranstaltungen mitgebracht, schön übersichtlich als Farbkopie, und erläuterte diese dann. Fragen konnten gezielt gestellt und beantwortet werden. Allgemeine Ruhe kam schließlich auf, als klar war, dass die Veränderungen in diesem Bereich so minimal sind, dass wir uns lediglich regelmäßig informieren müssen und ausgiebig abwägen müssen, ob uns das “schnelle” Bachelor-/Masterstudium eher zusagt oder ob wir beim Staatsexamen/Diplom bleiben – letztenendes brauchen wir uns (noch) keine Sorgen zu machen. Hevorgehoben wurde in dieser halben Stunde immer wieder, dass wir Studenten der Umstellungsphase sind und sich Lücken im System befinden, die einem ein beruhigtes Studium erlauben, egal was die neuen Abschlüsse uns auflasten.

Fazit: Drei Stunden sinnlose Diskussion die man sich hätte sparen können gegenüber eine halben Stunde sachliche, reichhaltige Informationen. Natürlich betrifft mich die Lehramtsgeschichte nicht, ebenfalls habe ich mich gegen Bachelor/Master entschieden. Trotzdem fand ich die Podiumsdiskussion eine gute, wenn nicht sogar die einzige Möglichkeit, die Studenten, die ja die Leidtragenden der ganzen Umstellung sind, zu Wort kommen zu lassen und einige wertvolle Anmerkungen und Probleme werden sicher von Rektorat und Politiker aufgenommen worden sein – ob sie jedoch den Weg in die weiteren Diskussionen der Ausschüsse finden, bleibt dahingestellt.

Mitgenommen habe ich heute die Bestätigung, dass Bildung eine Geldfrage ist und bleibt, sie in unserem Land jedoch einen höheren Stellenwert haben sollte als alles andere, wenn die Regierung ihr Ziel, nämlich den Abbau der Arbeitslosigkeit und die Förderung sozial benachteiligter Schichten weiterverfolgen will. Bachelor-Absolventen die auf der Straße sitzen, Elite-Master-Absolventen, die alle Forschungsgelder verbrauchen dürfen und dem gegenüber die Benachteiligten der Gesellschaft, die weder die geforderten Höchtsleistungen erbringen können noch die finanziellen Mittel für eine akademische Ausbildung – wenn das die Zukunft unseres Landes sein soll, wurde das oben genannte Ziel klar verfehlt.

Ich danke dem Asta für diese teils informative und spannende, teils ernüchternde und frustrierende Diskussion, nach der man zumindest mit Berechtigung sagen kann, man habe alles versucht.

Webseite der Asta CAU Kiel (Infos werden dort sicher folgen)

imagepostJune 12th, 2007 imagetime17:32

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