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AND HER DANCING AND HER LAUGHING.

Meer der Lüfte.January 6th, 2007

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“Das ist das schönste, was ich jemals gesehen habe.”

Seit heute weiß ich, warum man Flugzeuge früher auch als Luftschiffe bezeichnet hat. Wie ein Schiff auf dem Wasser gleiten sie durch ihr eigenes Meer, die Wolken.

Seit heute weiß ich auch, wie sich ein Pilot über den Wolken fühlt: Wie ich, wenn ich auf dem Meer bin. Sicher, geborgen. Zuhause.

Als wir über die Wolkendecke gelangten, eröffnete sich mir ein Panorama der besonderen Art. Unter uns lagen die weichen, fluffigen Wolken wie ein riesiger, graublauer Wattebausch. Was darüber lag, war endloser als alles was ich je gesehen habe. Atemberaubend. Tatsächlich habe ich ab und an nicht atmen können vor lauter Faszination und Erstaunen. Am Horizont, der so klar war wie an einem taufrischen Sommermorgen, dort, wo sich die Spitzen der Wolkenbausche leicht auftürmten, zog sich ein warmer roter Streifen entlang, über den ganzen Himmel, so weit man sehen konnte. Wie in einem Aquarell verschwamm er mit dem darüberliegenden sonnigen Orange, dem dann folgenden Gelb, schließlich ein blassgrüner Streifen, der in ein helles Blau eintauchte, das mit dem über den gesamten Himmel reichenden Aquamarinblau verbunden war. Ich habe selten solche Klarheit der Farben gesehen. Nordöstlich von der rechten Tragfläche, umarmt von dem unendlichen Blau leuchtete die Venus als Göttin des Morgens, der sich bald durch die aufgehende Sonne auch den Menschen auf der Erde zeigen würde.

Bang hofften alle Passagiere, dass dort, wo das Rot immer tiefer, das Orange immer sonniger und die Wolkenbausche heller wurden, nun tatsächlich auch bald die Sonne zum Vorschein kommen würde. In den Genuss kamen wir leider nicht. Aber dieses Farbenmeer das ich dort gesehen habe – ich habe den ganzen Flug lang atemlos nach draußen gestarrt – übertrifft meine Vorstellung bei weitem.

Die uns bekannten Schönwetterschwaden, weiß, gewellt, gemustert, die sich oft im Sommer über den Tages- und Abendhimmel ziehen, unter diesen flogen wir durch, ich konnte sie förmlich in Gedanken berühren, obwohl dies nur fast die Spitzen der Tragflächen taten. Alles schien so nah. So echt.

Im Landeanflug schien es, als habe der Pilot nicht nur unsere sehnsüchtigen Gedanken hören können, nein, er spielte mit dem Himmel und bot ein einzigartiges Schauspiel: wir tauchten kaum in die Wolkendecke ein und glitten regelrecht mehrere Minuten lang darauf entlang, immer wieder versperrten sich auftürmende, verstrudelte Wolkenberge die Sicht, um sie dann wieder auf das tiefe Blau des Horizontes freizugeben. Zugleich konnte ich ab und an die Lichter der Städte am Erdboden erkennen. In diesem Moment, zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Himmel und Erde, zwischen oben und unten, musste ich unwillkürlich an die letzten Strophen meines “A felicitous composition” denken. Es war, als habe ich es für diesen Moment geschrieben, unbewusst:

I need to know How can this be?
Has someone painted a tableau of those then
Who made him pick the pieces in order
And place them properly?
A master of art it must be, a subtle player

Ah, I am enamored by an invisible twine
A composition branded in my mind
A spirit embedded in a dream
And a rootless anchored in a rushing gleam
May it rush, unbound

A glorious composition we let it be
I return to the ground

Seit heute morgen weiß ich wieder, warum ich so sehr Meteorologie als Nebenfach haben und mehr darüber lernen möchte: weil die Wolken das Wetter machen. Sie sind wie die Wellen. Beide verwandeln sich erst in Verbindung mit dem Wind und der Strömung. Eine Einheit. Meer und Wind und Himmel und Wolken und Wetter, all das gehört zusammen.Und der Pilot in seinem Luftschiff ist der Kapitän des Himmels, der durch die Weite der Lüfte steuern muss wie ein Boot durch die Wellen. Dass es dieses Wunder der Natur zweimal gibt, auf der Erde und in der Luft…! Das Glück das ich fühlte als ich diese Weite sah machte mir begreiflich dass ich genausogut Pilot sein könnte oder Stewardess. Der Anblick würde für alles, und ich meine alles, entschädigen.

Während all dieser wunderbaren Zeit lief zufällig David Gray’s “Please forgive me” in meinem Mp3-Player. Wirklich nur durch Zufall. Aber es passte wie die Faust aufs Auge.

Nachdem ich, müde wie ich war, heute morgen angekommen und in mein eigenes Bett gefallen war, war ich noch gewillt, die Worte für diesen Blogeintrag zu notieren, um bloß kein Detail zu vergessen. Doch mein Gedächtnis lässt mich nie im Stich und die wunderschönen Bilder von SXC geben in Ansätzen einen Eindruck von meinem Panorama. Ich hab mir da oben wirklich eine Kamera in die Hand gewünscht. Das wird das nächste Mal auch so sein. Wie gut, dass andere Leute da schon vorher dran gedacht haben 😉


imagepostJanuary 6th, 2007 imagetime00:18

1 Kommentar

  1. Sebastian:

    marvellous writing!

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