15.46: Da kocht wohl was
Ich lebe in einer virtuellen Welt.
Anweisungen bezüglich der Essensvorbereitung erreichen mich so einfach nicht. Mein Bruder steht in der Küche und arbeitet. Ich habe wichtigeres zu tun, wie Blogeintrag schreiben. Auch wenn mir das jetzt keiner abnimmt. Das einzige was mich erreicht ist der Hinweis, dass der Nachtisch vorbreitet werden muss. Weiße Mousse au Chocolat mit warmem Apfelmus. Ich sehe ein Licht am Ende des Webtunnels. Es besteht eine Wahrscheinlichkeit von 69% dass ich mich gleich erhebe und Mousse au Chocolat mache. Nur die wirklich wichtigen Dinge müssen sein. Liebes Weblog, gib mir 12 Minuten. Oder 15. Ich hab das so lang nicht mehr gemacht.
18.04: Mama und Schwester in der Kirche
Heute scheint der einzige Tag zu sein, an dem ich Joni Mitchell ihre Lebensweisheiten in “Both sides now” abnehme ohne in tiefgründige Sinnkrisen zu verfallen. Singen kann die Frau ja. Ach, solche Dinge erträgt man nur mit nüchternem Blick, nicht wahr. (Nein, ich meinte jetzt nicht den Wein) Die Puter sind gestopft äh gefüllt und dampfen in den Öfen. Tatsache. Oben und unten in der Mietwohnung die zur Zeit mein kleines Eigenheim ist (tolles Bett!!). Ich futtere mich ohne Mühe seit zwei Tagen durch die Süßigkeiten. Macht Spaß 🙂 Also wie gesagt, der “Love Actually”-Soundtrack läuft während mein Bruder den Mixer holt (unserer hat den Geist aufgegeben aber wir warn’s nich!) damit aus der Mousse auch was wird. Ich finde endlich Zeit zum Schreiben. Draußen dicker mystischer Nebel. Mein Bruder sagt zwar, an Weihnachten darf Nebel nicht mystisch sein, aber ich seh das anders. Es gibt ja schließlich auch Leute die nicht an Weihnachten glauben (schade 🙁 ). Ich mag Weihnachten. Ich mag alles an Weihnachten außer dem Geschenkeshoppen (spreche grade 6 Millionen Menschen aus der Seele) und überfüllten Weihnachtsmärkten. Ich überlege ob ich den heutigen Eintrag in zwei Teile teilen soll. Leute, da kommt noch was, macht euch gefasst!
18:12: Schauen wir auf Samstag zurück aka: Familientreffen in der Nachtschicht
Alle sind da. Freundinnen, die allerbesten. Gute Laune und strahlende Gesichter. Gute Partymukke. Wir sind insgesamt (wenn man beachtet wer wen über wen über sechs Ecken kennt) an die 20 Leute. Der Abend wird der Hammer. Obwohl oder gerade wegen der Anwesenheit bestimmter Ex- und-eigentlich-doch-nicht-Freunde (jaaa, der Abend brachte auch eine Versöhnung) und vor allem durch die Anwesenheit supergut aussehender Männer. Ja, es ist wahr: Bonn hat die schönsten. Muss man so sagen. Und die nettesten. Intelligent. Lustig und immer gut drauf. So macht Feiern Spaß. Ich hatte meine beste Freundin gewarnt dass dieser chaotische Vorweihnachtspartyabend/-nacht einen Blogeintrag mit dem Titel “Familientreffen” wert ist. Auch das ist wahr. Schon lange habe ich mich nicht mehr so wohl gefühlt, so ausgelassen getanzt und so unbeschwert gequatscht. DAS hat mir gefehlt.
18.18: Kommt ihr noch mit? Es geht weiter aka: Flughafenmelancholie/Warten Teil2 (Fortsetzung von Donnerstagnacht)
Es ist halb acht in der Früh am 22.Dezember 2006. Frau T. (das bin ich) hat gerade eingecheckt. Sie will einen Tee. Der hilft beim Warten. Aber ernsthaft 2,90? Nein, viel zu teuer. Ich entscheide mich für ein Sandwich mit Pute. Schmeckt lasch. Eigentlich darf ich das auch nicht essen, aber mein Magen knurrt. Es zieht mich nach draußen auf die Aussichtsplattform. Ich erschrecke erst vor der Lautstärke der Turbinen. Aber dann blicke ich über das ausladende Rollfeld. Am besten gefallen mir die blauen Lichtlein da an der Startbahn. Hat was beruhigendes. Sowieso finde ich Flughäfen faszinierend. Ich lehne mich neben anderen Beobachtern an die Reling und atme in die kalte Luft. Die Digicam ist schon in Bonn. Ich versuche, einen Start mit dem Handy aufzunehmen. Das sagt nach wenigen Sekunden: Speicher voll. Mhm. Doof. Totale Idylle hier und ich kanns nicht fotografieren. Naja, werd’s überleben.
Drinnen setze ich mich wieder an einen Platz am Fenster. Ich blättere in der U_mag. Zwei Stewardessen kommen herüber und setzen sich an den Tisch hinter mir. Sie reden zu laut als dass ich mich weiter auf die Kolumne konzentrieren könnte. Die eine kommt ihrem Akzent nach aus dem Raum Schlesien. Ich schnappe Satzfetzen auf, die sie zu ihrer Kollegin sagt:
“Dieses Jahr zu Weihnachten wünsche ich mir nur Dinge, die man nicht kaufen kann. Meine Mama hat mich gefragt, was ich mir wünsche, aber ich habe nur gesagt, Mama, die Dinge die ich mir wünsche kann man nicht kaufen. Ich hab dann ein Paket von meine Eltern bekommen, das hätte dir gefallen…[…] Und meine Eltern werden offener. Sie haben mir eine afrikanische – weil ich doch so oft in Südafrika bin – Schale geschenkt, mit Salatbesteck, (lacht gedämpft), als ich das gesehen habe…Sie sind wirklich offener geworden.”
Und dann spricht sie über Einsamkeit, zumindest klingt es schwer danach, und dass sie letztes Jahr “da etwas hatte”, doch sie hatte dauernd das Gefühl, er nehme sie nicht ernst. Und dass sie im Recht sei mit dem was sie sage, und denke. Sie klingt tatsächlich einsam. Sie spricht gemäßigt, Müdigkeit klingt mit, müde von der Routine, den ständigen Ortswechseln, dem fehlenden Zuhause?
Während ich das Gespräch in Stichworten notiere, nach der sehr intensiven Handgepäckkontrolle längst unten in der Wartehalle angekommen, rufen sie meinen Flug auf. Ich denke: Eigentlich geht es uns doch gut. Mir. Eigentlich können wir nicht klagen. Mein “Airport-Feeling” ist fort, weit weg, ich habe ein echtes Zuhause und fühle mich dort wohl. Wie geht man damit um, wenn man jeden Tag an einem anderen Ort der Erde ist? Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Ich würde vermutlich müde werden, so wie die Stewardess eben. Der Flughafen ist und bleibt faszinierend für mich. Aber tauschen, nein, tauschen möchte ich mit keiner von ihnen, die, die nie wirklich irgendwo sind, heimatlos auf eine andere Weise. Und es ist Weihnachten…
Mein Bruder holt gerade die anderen von der Messe ab. Ich muss jetzt aufhören und meine virtuelle Welt verlassen. Knödelwasser aufsetzen und Butter nachgießen am Puter. Jetzt ist Weihnachten. Ich bin nicht alleine oder heimatlos. Aber denen die es sind wünsche ich: Einen Platz, wo sie Weihnachten feiern können und jemand da ist, der sie in den Arm nimmt und ihnen Frohe Weihnachten wünscht.
Merry Christmas all around the world 🙂 Ich muss jetzt weg. Wir sehen uns 😉