: Dass Sprache auch ein Hindernis sein kann. Gedrucktes aber auch. Und, dass sprachlos ziemlich gut tut.
Weil er aus beruflichen Gründen nach Asien musste, übergab unser Prof die Allgemeine Zoologie- Vorlesung vor drei Wochen an einen russischen Kollegen. So sehr ich den Prof auch schätze und seine Art, die neusten genetischen Errungenschaften so spannend wie ein Krimi den Studenten entgegenzubringen, so war ich doch sehr überrascht, dass ein Fehlen bestimmter deutscher Begriffe die ganze Biologie irgendwie vereinfachen kann. Nicht, dass wir das jetzt nicht schon vorher geahnt hätten 😉
Jedenfalls versuchte der Russe uns auf eine knuffige Art und Weise die wichtigen Dinge beizubringen, was manchmal in Gekicher unserer- und einem breiten Grinsen seinerseits endete, wenn er nach einem Wort suchte und wir ihm Hilfestellung gaben. Schon bald hatten wir ihn lieb gewonnen und vor allem hatten wir den komplizierten Stoff auf eine einfache Weise verstanden. Tja. Heute war der richtige Prof zurück. Zurück von seiner bestimmt nicht uninteressanten Fachtagung. Leider war mit ihm auch ein neues Stück Selbstüberzeugung zurückgekehrt. Und so ließ er geschlagene zwei Stunden den Fachstoff in erschlagendem Fachchinesisch auf uns niederregnen, dass man das Gefühl bekommen konnte, er habe vergessen dass wir erst ein Drittsemester sind. Die Welle der weichenden Aufmerksamkeit zog sich allmählich durch den Vorlesungssaal. Mit einem schlafenden und einem Pseudo-wachen Auge lagen wir auf unseren Tischen und folgten dem schon lange nicht mehr, was da vorne vor sich ging. Ich habe Respekt vor so viel Wissen, aber leider war diese Vorlesung ein gutes Beispiel dafür, dass Wissen auch die soziale Kompetenz völlig auslöschen kann. Nicht so bei dem Russen, der sich durch seine holprigen Sprachversuche in unsere Herzen geredet hat. Wir wollen ihn wieder, so viel ist klar. Nur eine Chance haben wir nicht. Pity.
Zum Zweiten haben wir heute gelernt, dass gedruckte Worte geduldig sind und falsche Tatsachen vorspiegeln. Hintergrund ist mein geplanter Wechsel von der Telekom zu TNG, die mit ihrem ausgesprochen kundenfreundlichen Service- und Produktangebot anderen Providern weit voraus ist. Kundennähe ist das Stichwort. Da TNG nicht nur wesentlich billiger für mich wäre sondern auch den Umzug des Telefonanschlusses übernimmt, musste ich abchecken wie die Kündigungsfristen und die Mindestvertragslaufzeit sind. Tja. Willkommen in der Welt der Telekom. Die Rechnungen verweisen auf die Agb. Die Online- Agb’s sind so zahlreich und in so vielen Varianten vorhanden, dass man mindestens eine Stunde braucht, um die für einen selbst geltenden zu finden – um dann festzustellen, dass die geltenden Agb auf die Onlineanzeigen und spezielle Preislisten verweisen, die, wie sollte es anders sein, bei einem nicht mehr buchbaren Angebot nicht mehr auf der Webseite zu finden sind. Also bleibt einem nur die Möglichkeit, die vorhandenen Agb nach Hinweisen zu durchsuchen oder die aktuellen Angebote als Vergleichsmaßstab zu setzen – kurz, zu verallgemeinern. Lustige Sache, das. Da die aktuellen, ähnlichen Angebote jedoch eine Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten aufweisen, Tarife hingegen mit einmonatiger Frist gekündigt werden können war ich vollends verwirrt und rief bei der Hotline an. Die ersten drei Versuche liefen so:
“Willkommen bei der Hotline. Bitte nennen Sie uns den Grund für Ihren Anruf. Möchten Sie a) eine Beratung, b) haben Fragen zu einer Rechnung, wollen c) Informationen zu Tarifen oder d) haben Probleme mit der Hardwareeinrichtung (o.ä.). Andernfalls nennen Sie bitte Sonstiges.” Ich: Anruf 1: “Beratung” ; Anruf 2: “Sonstiges” ; Anruf 3: nur Stille *g* (Voiceerkennungssoftware arbeitet – nix passiert. Stille. Uhr läuft weiter. Nach 30 Sekunden lege ich entnervt auf)
Später rufe ich wieder an und endlich höre ich eine echte menschliche Stimme die reagieren und antworten kann *puh* Die Stimme hat Probleme mit ihrem Kundendatenprogramm (hätt ich jetzt auch nicht anders erwartet, das kenn ich schon von 1&1 *lol*) und kann deswegen nicht richtig nachgucken bezüglich der Mindestvertragslaufzeit. Schließlich nennt sie mir eine Kündigungsfrist von 6 Tagen. Ich frage ungläubig nach- doch sie ist sich sicher. Mit dieser Information bewaffnet düse ich direkt zum nächsten T-Punkt, schildere nach zehnminütigem Warten (auch gwohnt vom T-Punkt in Bonn) mein Anliegen. Der Kundenbetreuer ist etwas ratlos (auch das kein Wunder), fragt den Kollegen. Gemeinsam beschließen sie, dass eine Kündigungsfrist von 6 Tagen korrekt ist. Schön. Wie gut dass ich nochmal gefragt hab 😉
Denn jetzt kann ich meinen Vertrag zu TNG schicken, die Kündigung zu 1&1 für die Flatrate (und auf diverse lustige bzw nichtvorhandene Reaktionen freuen, siehe diverse Internetforen) und schwupps bin ich nun doch bei TNG. Auch in diesem Fall zeigt sich: Wissen kann ein Hindernis sein. Ob die Telekom jedoch darunter leidet, dass sie mich als Kunden verliert – das vermag wohl keiner zu sagen und ist mir im Prinzip völlig schnuppe. Mein neuer Provider sitzt nämlich zentral in Kiel und viele meiner Kommilitonen haben unglaublich gute Erfahrungen gemacht in Sachen Kundenservice (wie Mitarbeiter, die freiwillig unbezahlt Überstunden beim Kunden schieben, um Probleme zu beheben, und das nach 22.00!!!). Im Notfall geht man eben vorbei und fragt direkt nach. Sowas lob ich mir.
Und gerade gönne ich mir zu meinem Mittagessen die Buddha Bar Vol.2 CD 1, die (fast) ohne Sprache und dafür mit umso mehr fernen, beruhigenden Feng Shui und Chillout- Klängen auskommt. Zum Zurücklehnen. Für heute habe ich genug von Sprache und allem, was sie beinhaltet.
Dumm nur, dass ich nachher noch Finnisch habe. Aber zur Abwechslung werde ich es mal genießen, nichts zu verstehen und einfach nur dazusitzen 🙂